LITERARISCHER ABEND
Ein moderiertes Konzert mit Thomas Wise und Ulrich Forster

Bei "Forster. Wise. Beaux Arts." trifft klassische Musik auf wesentliche zeitgeschichtliche Ereignisse und Themen.
Pierrot, Pantalon, Paganini & Co
- Robert Schumanns bunte Karnevalsgesellschaft
Ein Abend mit
Thomas Wise, Klavier
Ulrich Forster, Moderation und Rezitation
"Das Carneval in Rom muss man gesehen haben, um den Wunsch loszuwerden, es je wieder zu sehen. Zu schreiben gibt es da gar nichts…“
… schreibt Goethe im Eintrag seiner Italienischen Reise am 20. Februar 1878 – um dann ein Jahr später eine lange, mehr als 30-seitige Beschreibung über das nachzuliefern, was er mit offensichtlicher Lust in Rom im zweiten Jahr seines Aufenthalts wiedergesehen und miterlebt hat.
Männer die Frauen spielen, Frauen, die sich als Männer verkleiden (und denen „es gelingt, in dieser Zwittergestalt höchst reizend zu sein“), Pucinelle, zankende „Advokaten“, komisch derbe Schauspielszenen mitten im Getümmel auf dem Corso, wo Goethe während seiner Zeit in Rom wohnte – das und mehr beschreibt der geflohene Weimarer Minister und Dichterfürst eindringlich genau. Mit besonderer Freude erzählt er uns vom Moccoli-Spiel, wenn „alle Stände und Alter gegeneinander toben“ um dann am Ende seiner Beschreibungen im Aschermittwoch-Kapitel das wilde ausgelassene Treiben noch einmal Revue passieren zu lassen und darin ein Bild für „das Leben im ganzen“ zu erkennen.
Der Bildhauer und Kunsthistoriker Ulrich Forster, der mit Wort und Bild durch den Abend führt, wird dabei auch Auszüge aus Goethes „Römischen Carneval“ lesen.
Die Archetypen der Commedia dell´Arte erleben wir hier mit grotesken Auftritten – wir werden ihnen auch in Schumanns Klavierzyklus „Carnaval“, Op 9 wieder begegnen.
Thomas Wise spielt in diesem abendfüllenden Programm Schumanns Klavierzyklus aus dem Jahr 1835, so wie dessen 4 Jahre später entstandenen „Faschingsschwank aus Wien“, Op 26
Rollenwechsel, Lust am burlesken Spiel, ungehemmte erotische Annäherung – Karneval und Maskenball leben von der Sehnsucht nach dem Ausbruch aus der Enge der Konvention. Während der „Klassiker“ Goethe, obwohl er sich ganz offensichtlich der Faszination nicht entziehen kann, bis zuletzt skeptisch bleibt, bekennt sich der Romantiker Schumann ohne Vorbehalt zum karnevalesken Aufbruch in eine neue Freiheit. Wenn am Ende seines Klavierzyklus, in dem nicht nur Pierrot und Arlequin sondern auch Chopin und Paganini oder Schumanns Fantasiefiguren „Florestan & Eusebius“ ihren Auftritt haben, die „Davidsbündler gegen die Philister“ in die Schlacht ziehen, wird klar, dass es hier nicht um eine harmlose Genreschilderung geht, sondern um die Formulierung eines ästhetischen, gesellschaftlichen und vielleicht auch politischen Bekenntnisses.

Liszt ITALIE
Ein moderiertes Konzert mit Thomas Wise und Ulrich Forster
Années de Pèlerinage nannte Franz Liszt eine in drei Bände unterteilte Sammlung von insgesamt 26 Charakterstücken für Klavier.
Der zweite Band, 1858 veröffentlicht, ist „Italie“ betitelt. Liszt komponierte hier gewissermaßen eine Hommage an die großen Heroen der italienischen Kulturgeschichte: Sposalizio (nach einem Gemälde Raffaels), Il Penseroso (nach einer Statue Michelangelos in der Florentiner Medici-Kapelle), Sonetto 104 del Petrarca
oder die mächtige Klavierfantasie, Après une lecture de Dante / Fantasia quasi Sonata - so lauten einige Titel, die man hier findet.
Der Pianist und Dirigent Thomas Wise wird große Teile dieses 2. Bandes spielen.
Darüber hinaus ergänzen wir das Programm mit zwei bekannten Klavierstücken aus dem dritten Band, die ebenfalls durch Liszt Italienerlebnisse inspiriert sind
Aux cyprès de la Villa d'Este und Les jeux d´eaux à la Villa d´Este
Ulrich Forster wird durch das Programm führen und erläutern, was es mit dem Gemälde Raffaels und der Skulptur Michelangelos (beide werden auch als Lichtbilder gezeigt und besprochen) auf sich hat, er wird das berühmte Sonett rezitieren und einen Ausschnitt aus Dante Alighieris Commedia lesen, bevor die entsprechenden Stücke gespielt werden.
So wird der Abend zu einem die unterschiedlichen Gattungen verbindenden „Gesamtkunstwerk“.
BEDECKE DEINEN HIMMEL, ZEUS...
Beethoven, Goethe und Goya – Künstlertum in Zeiten des Aufruhrs
Eine Veranstaltung mit Thomas Wise (Klavier) und Ulrich Forster (Vortrag und Rezitation)
„Bedecke deinen Himmel, Zeus...“
...so beginnt eines der bekanntesten Gedichte Johann Wolfgang von Goethes - es leiht einer Veranstaltung den Titel, bei dem mit Tönen, Worten und Bildern drei Künstlergestalten zusammengebracht und betrachtet werden sollen: Der Komponist Ludwig van Beethoven, der Dichter Johann Wolfgang von Goethe und der Maler Francisco de Goya.
Auf den ersten Blick scheint die drei wenig zu verbinden, was diese gemeinsame Betrachtung rechtfertigen würde. Arbeiten sie doch in ganz unterschiedlichen Kunstgattungen, die sich schwer vergleichen lassen. Vor allem wirken sie an Orten, weit entfernt voneinander in Europa verteilt, die unterschiedlicher kaum sein könnten:
Das winzige Weimar Goethes: politisch so unbedeutend aber für einige Jahrzehnte die kulturell herausragende Hauptstadt der deutschen Klassik – Beethovens Wien: Residenz der Habsburgerkaiser, eines der bedeutenden Machtzentren Europas und seit Haydn und Mozart das Epizentrum musikalischer Neuerungen – Goyas Madrid: einst selbst eine Metropole, von der aus die Geschicke der Welt gelenkt worden sind, doch am Ende des 18. Jahrhunderts Hauptstadt eines abgehängten Landes, das längst nur noch von alter Größe träumt.
Gerade diese sehr unterschiedlichen Bedingungen aber machen einen Vergleich so spannend. Blickt man nämlich genauer hin, entdeckt man im Verschiedenen doch erstaunlich viel Verbindendes. Als Beethoven, Goethe und Goya geboren werden besteht die alte politische Ordnung noch. Aber deren Krise ist allerorten spürbar.
„Dich ehren? Wofür?“ – wagt Goethes Prometheus dem nicht längst mehr allmächtigen Zeus entgegenzuschleudern. Und später heißt es: „Hast du ́s nicht alles selbst vollendet, heilig glühend Herz?“Das erinnert überdeutlich an Beethovens berühmte respektlose Äußerung gegenüber seinem wichtigen Mäzen und Förderer Fürst Lichnowsky:
"Fürst, was Sie sind, sind Sie durch Zufall und Geburt, was ich bin, bin ich durch mich; Fürsten hat es und wird es noch Tausende geben; Beethoven gibt's nur einen."
Als die drei Künstler 1827, 1828 und 1832 innerhalb von nur 5 Jahren sterben, scheinen die alten Götter sich den Weg zurück auf den Olymp noch einmal erkämpft zu haben – nach der Niederlage Napoleons und der anschließenden Restauration in Europa. Aber das wird nur eine Momentaufnahme sein. Prometheus hat längst schon viel zu viele „Menschen nach seinem Bilde geformt“ – die neue Zeit ist doch nicht aufzuhalten...
Beethovens erste und seine letzte Klaviersonate (Sonate Nr. 1 f-Moll op 2 nr 1; Klaviersonate Nr. 32 in c-Moll, op 111) rahmen das Programm sinnstiftend ein – umspannt sein Klavierschaffen doch sein gesamtes künstlerisch produktives Leben, das wie kein zweites zum mitunter klischeehaft überhöhten Künstlerleben schlechthin stilisiert wurde: Der Rebell, der Kämpfer gegen alle Widerstände und Schicksalsschläge. Beethoven ist da gewissermaßen der archetypische Gegenentwurf zum eleganten und wendigen Geheimrat Goethe. Erstaunliche Parallelen tun sich dagegen in Leben und Schaffen Beethovens und Goyas auf. Nicht zuletzt der Beiden gemeinsame Schicksalsschlag der vollständigen und frühen Ertaubung, der sie zu gesellschaftlichen Außenseitern macht, prägt ohne Zweifel auch ihr künstlerische Schaffen. Aufgewühltheit und Kampf, rigoroses Grenzen sprengen und ein geradezu visionäres Spätwerk finden sich bei Beethoven wie bei Goya.
Wenn Thomas Wise aber Beethovens Sonate Nr 18 (op 31 nr 3) aus dem Jahr 1802 spielt und man dazu einige von Goyas burlesk komischen Capricchios sieht, tritt urplötzlich eine verblüffend andere – eine heiter komische und überraschend leichte und lebensfrohe Seite wie ein Kontrapunkt zu Tage.


THOMAS WISE
Der amerikanische Pianist und Dirigent Thomas Wise wurde an der New Yorker Juilliard School bei Bartók-Schüler György Sándor sowie in Köln bei Aloys Kontarsky ausgebildet. Von großer Bedeutung war die pianistische Betreuung durch Peter Feuchtwanger in London sowie die dirigentische Betreuung von Jorma Panula auf dessen Meisterkurs.
Konzertverpflichtungen führten Thomas Wise unter anderem in die Kölner Philharmonie, die Carnegie Recital Hall und in die Londoner Royal Albert Hall.
Ulrich Forster
hält zudem regelmäßig Vorträge zu kunst- und kulturhistorischen Themen.
Vielfach hat er in den letzten Jahren mit verschiedenen Musikern kooperiert und Programme erdacht und präsentiert, bei denen klassische Musik, bildende Kunst und Literatur zu einer besonderen, sich gegenseitig ergänzenden und steigernden Synthese finden.